Was ist eigentlich Qualität?

Der Begriff der Qualität ist allgemein definiert als die Summe aller Eigenschaften eines Objektes oder Prozesses und in sich erst einmal wertneutral. Im Bauwesen können zwei Arten der Qualität unterschieden werden, auf deren Eigenschaften und Auswirkungen im Folgenden eingegangen werden soll:

1. Materialqualität

Während in der Geschichte der Architektur die Kosten und die Oberflächen von Bauwerken lange ausschließlich über die Wahl des verwendeten Materials bestimmt wurde, ist in der Gegenwart die Situation eine andere: Die Industrie entwickelt in immer kürzeren Abständen neue Materialien, die entweder völlig neue Ausdrucksformen entstehen lassen oder bekannte Oberflächenstrukturen mit abweichenden Kosten oder Eigenschaften nachahmen – so können z.B. Holzoberflächen täuschen echt in keramischen oder kunstharzgebundenen Materialien nachgeahmt werden und stehen dann uneingeschränkt für Aussenanwendungen zur Verfügung, die mit Holz zumindest problematisch waren. Aluminium-, Dämmstoff- und Glasindustrie entwickeln immer neue Verbundmaterialien mit zum Teil erstaunlichen Eigenschaften, so sind inzwischen Gläser erhältlich, deren Wärmedämmeigenschaften die massiver Bauteile weit übertreffen. Gleichzeitig nimmt der Lohnanteil der Baukosten stetig zu, worüber auch im nächsten Abschnitt zu schreiben sein wird, was den reinen Materialanteil an den Baukosten immer weiter senkt. Damit ist aber auch der Zwang, immer nur günstigste Materialien zu verwenden, weniger stark – hier können Kriterien wie Serien- oder Vorfertigung deutlich stärkeren Einfluss auf die Baukosten haben als der reine Materialpreis. Ein gemauertes, abgedichtetes und ausgefliestes Ausgussbecken kommt den Bauherrn teurer als ein seriell hergestelltes, aufwendig designtes Becken aus Corian, einem relativ teuren Kunstharzmaterial, das lediglich an der Wand befestigt werden muss.

2. Ausführungsqualität

Parallel zu der bereits erwähnten Steigerung des Lohnkostenanteils an den Gesamtkosten eines Projektes und der Explosion der Grundstückspreise zumindest in Ballungsgebieten gibt es natürlich in einer Marktwirtschaft, in der der Preis eines Produktes nicht beliebig steigerbar ist, sondern den Gesetzen der Nachfrage unterliegt, Bestrebungen, den Lohnkostenanteil zu senken. Dafür gibt es zwei Ansätze: Serielle Fertigung (also höhere Produktivität) oder niedrigere Löhne.
Serielle Fertigung hat sich wie oben beschrieben in vielen Teilbereichen durchgesetzt, von einer kompletten seriellen Präfabrikation von Gebäuden ist man in Deutschland nach den Erfahrungen von Großsiedlungen der 70er Jahre weitgehend wieder abgekommen – im privaten und mittleren Wohnungsbau und im innerstädtischen Bereich hat sie sich nie durchgesetzt.
Niedrigere Lohnkosten werden im Baugewerbe verstärkt durch Leiharbeit aus EU-Staaten realisiert, in denen ein deutlich niedrigeres Lohnniveau vorliegt als in Deutschland. Unglücklicherweise sind in diesen Staaten auch die Regelungen für die Bauausführung und die verwendeten Materialien deutlich weniger komplex, so dass auf solchen Baustellen, verstärkt durch im Zusammenhang auftretende Sprachprobleme, eine gewisse gegenseitige Verständnislosigkeit zu beobachten ist, die sich nachteilig auf die Ausführungsqualität auswirken kann. Um dies zu verhindern, ist ein erheblich höherer Aufwand für die Objektüberwachung und Mangelbeseitigung einzuplanen, der den Vorteil durch geringere Lohnkosten gegebenenfalls wieder ausgleicht. Je nach Schwierigkeit der Aufgabe kann es wirtschaftlicher sein, einer Firma, deren Ausführungsqualität bekannt und verlässlich ist, den Auftrag zu einem höheren Preis zu erteilen, als der geringeren Angebotssumme einer ansonsten unbekannten Firma zu vertrauen.

3. Qualitätsüberwachung

Natürlich hat auch der für die Objektüberwachung verantwortliche Architekt die Aufgabe, die Qualität der handwerklichen Ausführung zu überwachen und gegebenenfalls zu rügen. Die dazu erforderliche Sachkenntnis erwirbt er durch Studium und Berufserfahrung; nicht ohne Grund ist aber in der VOB auch die ausführende Firma in erheblichem Maße in der Verpflichtung, eine sachgerechte Ausführung zuzusichern. Nur aus einem partnerschaftlichen, von Sachkenntnis und gegenseitigen Respekt geprägten Verhältnis zwischen Firmen, Architekt und Bauherrn wird aus einem Projekt am Ende ein Gebäude, das den Anforderungen aller Beteiligten entspricht: Ein wirtschaftlich errichtetes, gut gestaltetes Haus, an dem der Nutzer lange Freude hat und das eine werthaltige Investition für den Bauherrn darstellt.